XRP ist eines der Krypto-Urgesteine und existiert bereits seit 2012. Ihre Sternstunde hatte die Kryptowährung im vorletzten Bullrun. Im Peak ist die Marktkapitalisierung bis auf einen Wert von über 100 Milliarden Dollar geschossen und hat Ethereum seinen Platz als Nummer 2 hinter Bitcoin beinahe streitig gemacht. Stand Sommer 2023 notiert XRP mit einer Marktkapitalisierung von etwa 27 Milliarden Dollar auf Platz 5.
Es ist wichtig zu beachten, dass Ripple und XRP nicht genau dasselbe sind: Ripple ist das Unternehmen, das das Ripple-Netzwerk betreibt, während XRP die Kryptowährung ist, die im Netzwerk verwendet wird.
Was ist der (potenzielle) Usecase von XRP und Ripple?
Kurze Antwort: Ripple will das neue und bessere SWIFT werden.
Nun die Details: SWIFT ist das derzeit dominierende Netzwerk für internationale Geldtransfers. SWIFT steht für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Es wird von mehr als 11.000 Finanzinstitutionen in über 200 Ländern genutzt.
Das SWIFT-Netzwerk dient als Vermittler für den internationalen Geldtransfer zwischen Banken. Wenn eine Bank eine Überweisung in einer anderen Währung oder an eine ausländische Bank senden möchte, wird die Transaktion über das SWIFT-Netzwerk weitergeleitet. Jede Bank hat einen eindeutigen SWIFT-Code (auch bekannt als BIC, Bank Identifier Code), der als Adresse für die Überweisung dient.
In der Regel funktioniert der Prozess wie folgt: Die sendende Bank erstellt eine Nachricht im SWIFT-Format, die die Details der Überweisung enthält. Diese Nachricht wird über das sichere SWIFT-Netzwerk an die empfangende Bank gesendet. Die empfangende Bank verarbeitet die Überweisung und schreibt den Betrag dem Konto des Empfängers gut. Es ist wichtig zu beachten, dass SWIFT selbst kein Geld überweist. Es bietet lediglich den Kommunikationsmechanismus, der Banken ermöglicht, Transaktionen sicher und effizient durchzuführen.
Die Vorteile von SWIFT
Sicherheit: SWIFT ist bekannt für seine hohen Sicherheitsstandards.
Zuverlässigkeit: Das Netzwerk ist sehr zuverlässig und wird von den meisten großen Finanzinstitutionen weltweit genutzt.
Universelle Abdeckung: SWIFT ist in fast jedem Land der Welt verfügbar, was internationale Transaktionen erleichtert.
Die Nachteile von SWIFT
Geschwindigkeit: SWIFT-Transaktionen können mehrere Tage dauern, insbesondere bei Überweisungen in andere Länder.
Kosten: Die Gebühren für SWIFT-Überweisungen können hoch sein, insbesondere bei kleinen Beträgen oder häufigen Überweisungen.
Ripple als Alternative
Ripple will eine moderne Alternative mit schnelleren Transaktionen und niedrigeren Gebühren anbieten. Man kann sich das Ripple-Netzwerk wie eine Second-Layer-Lösung für das Bankensystem vorstellen.
Eine detaillierte Erklärung zu Ripple und XRP findet ihr in diesem Artikel: XRP und Ripple im Kurzportrait
Während SWIFT ein verzögerungsbasiertes System verwendet, das oft Tage für die Bestätigung einer Transaktion benötigt, kann Ripple Transaktionen in Sekunden abschließen. Ripple hat bereits Partnerschaften mit verschiedenen großen Finanzinstitutionen und Banken weltweit geschlossen, um internationale Überweisungen zu erleichtern.
Blick auf den Status Quo
Seinen kometenhaften Aufstieg bis an die Spitze des Sektors hat XRP bereits im vorletzten Bullrun hingelegt. Im zurückliegenden Bullrun konnte der Coin zwar ebenfalls solide performen, doch bis zu seinem Allzeithoch ist er nicht mehr zurückgekehrt. Im Einklang mit dem restlichen Sektor ist XRP unter die Räder des Bärenmarktes gekommen, jedoch haben auch die wiederholten Attacken der US-Börsenaufsicht SEC gegen Ripple den Kurs vermehrt unter Druck gesetzt.
Mitte Juli diesen Jahres konnte das Unternehmen einen deutlichen Sieg vor Gericht erringen. Die Entscheidung des Gerichts: Der XRP-Handel an Börsen fällt nicht unter Wertpapiergesetze, dafür aber Verkäufe an institutionelle Investoren. Eine gute Entscheidung für Ripple, eine Schlappe für die SEC. Die Börsenaufsicht hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. Es soll frühestens im April 2024 in diesem Fall weitergehen.
Ein Blick auf den Chart zeigt jedoch, dass der Sieg vor Gericht keinen nachhaltigen Trendwechsel erzeugt hat. Die initiale Rally ist schon lange wieder abverkauft worden. Die anhaltende Schwäche des Altcoin-Sektors in dieser frühen Phase des nächsten Aufwärtstrends, in der weitestgehend Bitcoin die Bühne gehört, lässt XRP also noch keinen Raum für einen richtigen Durchbruch.
Allerdings ist seit Jahresbeginn ein Aufwärtstrend erkennbar, der auch nicht durch den jüngsten Selloff von Bitcoin und die Erschütterung des Krypto-Marktes beendet werden konnte.
Ein Blick auf die on-chain-Daten zeigt, dass das Ripple-Ökosystem weiterhin lebendig ist, auch wenn die Aktivität im Bärenmarkt zurückgegangen ist. Die Zahl der ausgeführten Transaktionen ist von einem Korridor zwischen 1,5 und einer Millionen auf knapp unter eine Millionen in den letzten 6 Monaten zurückgegangen.
Die Zahl der neuen Accounts ist seit einer hohen Neuanmeldungsrate im letzten Bullrun recht deutlich zurückgegangen.
Tot ist das Ripple-Ökosystem also definitiv nicht, im Gegenteil, langfristig gesehen ist die On-Chain-Aktivität bisher gestiegen – wenn auch nicht auf einem exponentiellen Wachstumspfad. Der Bärenmarkt und regulatorischer Gegenwind haben offensichtlich ihre Spuren hinterlassen.
Chancen für Ripple und XRP
Unsere Welt ist mittlerweile global und digitalisiert – das Bankensystem und vor allem internationale Geldtransfers sind jedoch immer noch technologisch veraltet und damit ein Nadelöhr, das vieles verlangsamt. Potenziell kann Ripple hier also einen großen Bedarf decken. Auf der regulatorischen Ebene sieht es in den USA aufgrund des jüngsten Sieges von Ripple mittlerweile gar nicht mehr so schlecht aus. Das könnte endlich den Weg dafür ebnen, dass mehr institutionelle Kunden Alternativen für ihre internationalen Geldgeschäfte suchen und Ripple als Mittel der Wahl hernehmen könnten, um in der digitalen Welt einen Edge zu erhalten.
XRP könnte dadurch an Relevanz gewinnen, da die Kryptowährung als wesentlich effizientere und kostengünstigere Zwischenwährung für internationale Zahlungen zwischen verschiedenen Währungen dienen könnte. Durch diesen enorm gestiegenen Bedarf würde das natürlich auch erhebliches Potenzial für den XRP-Kurs bedeuten.
Angenommen, wir erleben das Bestcase-Szenario für das Ripple-Ökosystem und es wird ein Second Layer für einen erheblichen Teil des internationalen Finanzsystems, während XRP die Intermediär-Währung der Wahl für viele kleinere Währungen im internationalen Zahlungsverkehr wird. Dann könnte XRP sein altes Allzeithoch mit Leichtigkeit hinter sich lassen.
Risiken für XRP
Die Chance, dass dieses Bestcase-Szenario eintrifft, ist aus meiner Sicht aber nicht besonders hoch. Und das aus mehreren Gründen:
Grund 1: Stablecoins. XRP und der gesamte Ansatz des Ripple-Netzwerks erfährt mittlerweile eine große Konkurrenz durch Stablecoins, die im Endeffekt genau denselben Bedarf erfüllen – einen internationalen Transfer von Kapital in Echtzeit und zu niedrigen Gebühren. Im Gegensatz zu dem volatilen XRP-Token bieten Stablecoins jedoch die relative Wertstabilität des US-Dollars – oder mit welcher Fiat-Währung sie auch immer gedeckt sind.
Zudem sind Stablecoins wesentlich dezentraler als das Ripple-Netzwerk, da sie auf Netzwerken wie bspw. Ethereum betrieben werden, die einen höheren Dezentralisierungsgrad haben als das Ripple-Netzwerk. Hinzu kommt, das Stablecoins zwar ebenso von institutionellen Kunden genutzt werden können, jedoch gleichzeitig keine Einstiegsbarrieren für Privatpersonen haben, während das Ripple-Netzwerk sich ausschließlich an institutionelle Kunden richtet.
Diese Analyse von Bloomberg gibt einen kleinen Einblick in die starke Wachstumsdynamik von Stablecoins. Es gibt keine aussagekräftigen Daten zu dem Handelsvolumen auf dem Ripple-Netzwerk. Ableiten könnte man es höchstens von dem Handelsvolumen des XRP-Tokens. Dies hat in den letzten Monaten durchschnittlich bis zu einer Milliarde Dollar täglich betragen. Ein wesentlich geringerer Umfang als die Zahlen, die von Bloomberg bezüglich der Wertübertragung durch Stablecoins genannt werden.
Grund 2: Zu zentralisiert für Krypto, zu dezentral für Regierungen. Stablecoins sind eine Konkurrenz für Ripple. Doch Stablecoins werden auch als eine Gefahr für das Währungsmonopol von Regierungen gesehen. Daher sieht man nicht umsonst, dass Regierungen mittlerweile regulatorisch schärfer gegen Stablecoins vorgehen und an eigenen CBDC-Konzepten arbeiten, um ihr Währungsmonopol zu verteidigen.
Ripple positioniert sich als effiziente Infrastruktur für Regierungen, um CBDCs zu erschaffen und zu verwalten. Allerdings bezweifle ich persönlich, dass Regierungen Ripple als Plattform für CBDCs nutzen werden. Ripple ist zwar deutlich zentralisierter als andere Stablecoins. Doch Regierungen dürfte die Plattform nicht zentralisiert genug sein, da sie keine direkte Verwaltungshoheit hätten. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass CBDCs auf eigenen Infrastrukturen umgesetzt werden – unter der direkten Verwaltungshoheit der jeweiligen Zentralbank. Im Falle des US-Dollars könnte beispielsweise das diesen Sommer gestartete FedNow – ein Echtzeit-Geldtransfersystem für den US-Bankensektor – das Fundament dafür sein.
Potenzial für den nächsten Bullrun
Ripple wird im traditionellen Finanzsystem genutzt und hat einige Kunden. Auch XRP hat dadurch eine gewisse Nachfrage und die Community hinter dem Token ist sehr treu und alteingesessen. Mehr regulatorische Klarheit dürfte den Weg für eine weitere geschäftliche Expansion frei machen. Daher kann es durchaus sein, dass der XRP-Token im nächsten Bullrun wieder gut performen könnte. Auch eine Rückeroberung und ein Überschreiten des letzten Allzeithochs ist denkbar.
Im Worstcase übernehmen jedoch Stablecoins oder im weiteren Sinne das Ethereum-Netzwerk die Rolle des Ripple-Ökosystems, da die Skalierung verbessert und damit gegenüber Ripple konkurrenzfähiger wird – bei einer gleichzeitig wesentlich höheren Dezentralisierung und einer besseren Interoperabilität mit anderen Krypto-Ökosystemen. Sollte es so kommen, dürfte XRP das Schicksal vieler älterer Projekte teilen, die in den vergangenen Bull-Cycles geboren wurden: in der Versenkung verschwinden.
Ist XRP ein Investment wert?
Ausgehend von den genannten Argumenten gestaltet sich das Chance/Risiko-Verhältnis bei XRP in meinen Augen als zu schlecht, als dass sich ein Investment wirklich lohnen würde. In einem sehr optimistischen Szenario macht der Coin ein 10x. Das würde einer Marktkapitalisierung von ungefähr 300 Milliarden Dollar entsprechen. Nur eine Kombination aus einer ordentlichen Bullrun-Mania und einer starken wirtschaftlichen Expansion des Ripple-Netzwerks würde so eine Bewertung rechtfertigen.
Für allzu wahrscheinlich halte ich dieses Szenario aus den angesprochenen Gründen jedoch nicht. Potenzial für ähnliche Returns liefern meiner Meinung nach auch andere Projekte mit einem wesentlich besseren Chance-/Risiko-Verhältnis. Beispielsweise Bitcoin oder noch eher Ethereum. Als potenzielles Altcoin-Investment mit einem höheren Risiko-Profil betrachtet, ist das Kapital jedoch aus meiner Sicht besser im Altcoin-Sektor aufgehoben – genauer in den Regionen mit einer wesentlich niedrigeren Marktkapitalisierung und damit einem wesentlich höheren Rendite-Potenzial.
Ausgehend davon, dass Bitcoin und Ethereum das Fundament eines Krypto-Portfolios bilden sollten und Altcoins als Rendite-Hebel dienen, hat XRP aus meiner Sicht keine große Daseinsberechtigung im Altcoin-Segment, da die maximale Rendite, von der ich für XRP ausgehe, von anderen Altcoins mit einem wesentlich besseren Chance/Risiko-Verhältnis bei weitem übertroffen werden kann.
Mehr Infos zum Aspekt des Chance/Risiko-Verhältnisses findet ihr in diesem Guide:
Einen vollständigen Guide, wie ihr euch ein sinnvolles Krypto-Portfolio aufbauen könnt, findet ihr hier:
Denkt immer langfristig!
Weitere Infos:
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