Momentan richtet sich die Aufmerksamkeit des Marktes auf die US-Wahl. Doch im Hintergrund braut sich an den Finanzmärkten ein Sturm in einer bestimmten Branche zusammen, der im schlimmsten Fall das Potenzial für einen BlackSwan hat. Es geht um den Chip-Hersteller Nvidia, der in den letzten Monaten einen kometenhaften Aufstieg verzeichnet hat und aufgrund des KI-Hypes eine der tragenden Säulen dieses Bullruns geworden ist.
Nvidia-Kunde SMCI steht kurz vor dem Kipp-Punkt
Das Tech-Unternehmen Super Micro Computer (SMCI) steht aktuell unter erheblichem Druck. Es gibt Vorwürfe finanzieller Misswirtschaft, eine Untersuchung durch das US-Justizministerium (DOJ) und das Unternehmen hat kürzlich seinen zweiten Wirtschaftsprüfer innerhalb von 18 Monaten verloren. Wegen der verspäteten Einreichung des Jahresberichts für das Geschäftsjahr, das am 30. Juni 2024 endete, droht dem Unternehmen ein Delisting von der Nasdaq-Börse, falls der Bericht nicht bis zum 16. November eingereicht wird.
https://x.com/FinanceLancelot/status/1852075911744835820
Was ist los bei SMCI?
SMCI sieht sich seit August schweren Vorwürfen von Hindenburg Research ausgesetzt, die von mutmaßlichem Bilanzbetrug bis hin zu Verstößen in der Unternehmensführung reichen. Zu den Anschuldigungen gehören die künstliche Erhöhung von Nachfrageprognosen und Teillieferungen zur Erreichung von Umsatzzielen. Zudem soll das Unternehmen nicht marktübliche Zahlungen an Lieferanten wie Ablecom und Compuware in Höhe von fast einer Milliarde Dollar über die letzten drei Jahre geleistet haben. Das US-Justizministerium (DOJ) untersucht SMCI nun ebenfalls, mit besonderem Fokus auf die mutmaßlichen Bilanzierungsverstöße.
Der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young hat sein Mandat niedergelegt und dem Unternehmen schriftlich mitgeteilt, dass man aufgrund neuer Informationen das Vertrauen in die Unternehmensleitung verloren habe und die Buchhaltungspraktiken des Unternehmens nicht weiter unterstützen könne. EY ist der zweite Wirtschaftsprüfer, der innerhalb von 18 Monaten zurücktritt. Trotz der zahlreichen Vorwürfe und Untersuchungen beteuert SMCI weiterhin seine Unschuld und behauptet, dass der Jahresbericht für 2024 keine wesentlichen Änderungen enthalten werde.
Super Micro war bereits 2017 in Schwierigkeiten, als eine interne Prüfung zu einer Verzögerung bei den Finanzberichten und zum Abgang von Führungskräften führte. 2020 beschuldigte die SEC das Unternehmen und den damaligen CFO Howard Hideshima weitreichender Bilanzierungsverstöße. SMCI und Hideshima einigten sich mit der SEC, ohne Schuld einzugestehen, und zahlten Strafen in zweistelliger Millionenhöhe.
Warum betrifft das Nvidia?
Einige Analysten sehen nun die Gefahr, dass diese Probleme auch NVIDIA treffen könnten, da SMCI ein wichtiger Kunde des Unternehmens ist. Nvidia bietet ein Finanzierungsprogramm für Kunden an, das flexible Finanzierungs- und Leasingoptionen für NVIDIA DGX™-Systeme und zugehörige Support-Dienstleistungen ermöglicht. Dieses Programm ermöglicht es Unternehmen, die hohen Anfangsinvestitionen für KI-Infrastrukturen zu umgehen, indem sie die Kosten über einen festgelegten Zeitraum verteilen. Es sind zwar keine Zahlen bekannt, doch angesichts der möglichen Cashflow-Probleme von SMCI ist es denkbar, dass das Unternehmen diese Services in Anspruch genommen hat und dadurch Zahlungsschwierigkeiten entstehen könnten, die die Bilanzen von Nvidia belasten. Sollte SMCI die benötigten Finanzmittel nicht aufbringen können, könnte NVIDIA seine Prognosen verfehlen. Andere Kunden könnten ihre Aufträge für KI-Server zu Konkurrenten wie DELL verlagern, um Risiken zu vermeiden.
Super Micro Computer (SMCI) ist der drittgrößte Kunde von NVIDIA und bezieht auch den Großteil seiner eigenen Aufträge von NVIDIA. Trotz dieser engen Verbindung hat NVIDIA begonnen, seine Bestellungen bei anderen Anbietern zu platzieren, um sich von SMCI zu distanzieren. NVIDIA hat alternative Lieferanten wie Dell, taiwanesische ODMs und HPE, um weiterhin GPUs an große Kunden wie CoreWeave zu liefern, was auch für Microsoft relevant ist.
https://x.com/stocktalkweekly/status/1853423689733128596
Allerdings ist Nvidia derzeit die heißeste Aktie am Markt und hat vor allem in den letzten 12 Monaten einen astronomischen Aufstieg hinter sich, was die Bewertung angeht. Es ist eine Tatsache, dass die Aktie dieses einen Unternehmens einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesamtmärkte nimmt.
Countdown bis 20. November?
Am 20. November wird Nvidia seine nächsten Quartalszahlen präsentieren. Sollten diese Zahlen enttäuschen – beispielsweise durch eine negative Beeinflussung durch die Ereignisse um SMCI – dann könnte das starke Volatilität bei der Aktie und am gesamten Markt hervorrufen. Vorher wird der 16. November als Deadline für SMCI zur Nachreichung der Geschäftsberichte relevant. Diese Probleme im Sektor treffen auf einen Zeitpunkt am Markt, bei dem der Hype des KI-Narrativs nachlässt. An der Wall Street gibt es zunehmend Zweifel, ob Nvidias Wachstumstempo im AI-Bereich nachhaltig ist, insbesondere angesichts der steigenden Konkurrenz durch andere Chiphersteller und möglicher Kürzungen in den AI-Investitionen durch Unternehmen.
Hinzu kommt, dass in den letzten Monaten eine Art neuer Kreditmarkt mit Nvidia-GPUs als Sicherheit entstanden ist. Wallstreet-Firmen wie BlackRock, Blackstone, Pimco und Carlyle haben über 11 Milliarden Dollar an Krediten an sogenannte „Neocloud“-Unternehmen vergeben, die Nvidia-GPUs als Sicherheit nutzen. Diese Unternehmen, darunter CoreWeave, Crusoe und Lambda Labs, kaufen Nvidias GPUs und nutzen sie als Sicherheiten, um weitere GPUs zu erwerben. Da regelmäßig neue GPU-Modelle auf den Markt kommen, besteht das Risiko, dass bestehende GPU-Sicherheiten an Wert verlieren könnten. Auch könnte das Wachstum von Nvidia und die hohe Nachfrage nach GPUs nicht aufrechterhalten werden.
Es wird befürchtet, dass die Nachfrage nach AI-GPUs zurückgehen könnte und Verträge zwischen Neocloud-Unternehmen und Technologiegruppen in den kommenden Jahren auslaufen. Dies könnte dazu führen, dass viele GPUs auf den Markt zurückkehren, was deren Wert weiter drücken könnte. Das in Kombination mit möglichen Liquiditätsproblemen bei SMCI, Nvidia und anderen Chip-Unternehmen liefert das Potenzial für erheblichen Druck an den – ohnehin bereits fragilen – Märkten.
Auch wenn – oder besser ausgedrückt, gerade weil die US-Wahl, die Geldpolitik der Federal Reserve, die durch den Nahost-Konflikt beeinflussten Öl-Märkte und die Immobilienkrise in China derzeit im Rampenlicht stehen, sollte man eher die Problemherde im Auge behalten, die derzeit im Hintergrund lauern. Der Chip-Markt ist ein Kandidat für unangenehme Überraschungen.
Denkt immer langfristig!
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