In dieser Ausgabe des Krypto-Reports gehe ich neben dem üblichen Blick auf die Charts näher auf die Situation am US-Anleihemarkt ein und was diese perspektivisch für Krypto, Aktien und Anleihen bedeuten könnte. Zusätzlich habe ich Neuigkeiten zu zwei spannenden Einzelwerten.
Blick auf die Charts
Bitcoin Rally: Der Oktober wird seinem im Krypto-Sektor vergebenen Spitznamen „Uptober“ in diesem Jahr wieder gerecht und hat bisher zu einer beeindruckenden Bitcoin-Rally geführt. Mit einem Kursanstieg von über 10 Prozent an nur einem Tag hat Bitcoin die 30.000$ Marke mit Leichtigkeit durchbrochen und dabei wichtige charttechnische Indikatoren gleich mit zurückerobert.
Nach einer Bestätigung des 50-Tage-Trends als Support bereits einige Tage vorher konnte nun auch der 200-Tage-Trend als Widerstand durchbrochen werden. Ein erster maßgeblicher Widerstand für diese Rally konnte erst auf Höhe des Aufwärtstrends bei einem Niveau von etwa 35.000$ gefunden werden, den Bitcoin Mitte August unterschritten hatte.
Sollte der Kurs diesen Widerstand bald durchbrechen oder zumindest auf dem derzeitigen Niveau konsolidieren, dürfte sich bald ein „Golden Cross“ bilden. Dieses Signal wird getriggert, wenn der 50-Tage-Trend den 200-Tage-Trend von unten nach oben durchstößt und signalisiert bullisches Preismomentum, da die kurzfristige Preisentwicklung die langfristige outperformed, was für einen Übergang in einen ausgewachsenen Bullrun sprechen könnte.
Bitcoin bewegt sich im übergeordneten Bild im Einklang mit den langfristigen zyklischen Preisbewegungen. Auch in den letzten beiden Pre-Halving-Jahren 2015 und 2019 hat Bitcoin nach dem Ausbruch aus dem Bärenmarkt eine Rally hingelegt, die durch ein Death Cross und ein erneutes Unterschreiten wichtiger charttechnischer Indikatoren beendet wurde. Darauffolgend startete jedoch in beiden Fällen ein langfristiger neuer Aufwärtstrend.
Ebenfalls ist in beiden Fällen eine doppelte Death/Golden-Cross-Bildung erfolgt, wobei man während des vorletzten Bärenmarktes argumentieren kann, dass diese Korrektur ein Event außer der Reihe war, da es durch den Blackswan des Corona-Crashs ausgelöst worden ist. Auch in dieser Konsolidierungsphase zwischen Bullen- und Bärenmarkt ist Bitcoin diesem Pattern gefolgt, da der Kurs nach dem Death Cross im Januar 2022 bereits ein Golden Cross Anfang diesen Jahres gezeichnet hatte. Bisher ähnelt die Bitcoin-Preisbewegung sehr dem Muster aus 2015. Sollte sich dies fortsetzen, würde das bei der Bildung eines weiteren Golden Cross für den Start des nächsten großen Bullruns für Bitcoin sprechen.
Aktienmärkte: Ein ganz anderes Bild gibt der S&P 500 ab, der charttechnisch in den letzten Tagen und Wochen schwer Schlagseite erhalten hat. Nachdem er Ende September seinen 21-Wochen-Trend eingebüßt und nur knapp Support an seinem Aufwärtstrend gefunden hatte, ist eine anschließende Erholungsbewegung am 21-Wochen-Trend als Widerstand gescheitert und hat den Index in der folgenden Abwärtsbewegung unter seinen Aufwärtstrend und auch den 200-Tage-Trend gedrückt, was bärisches Momentum signalisiert.
Der Index befindet sich nun in der wichtigen Unterstützungszone zwischen 4200 und 4100 Punkten. Sollte hier kein Halt gefunden werden, gibt es wenig Rückhalt bis zur Marke von 3800 Punkten.
Auch der Technologieindex Nasdaq hat jüngst seine wichtige charttechnische Unterstützung im Bereich von 14.400 Punkten eingebüßt und zielt nun auf den 200-Tage-Trend als nächstem relevanten Support.
Dollar: Der US-Dollar-Kurs-Index macht den Märkten einmal mehr das Leben schwer, nachdem er zuletzt scheinbar ein Ende seiner anhaltenden Rally seit dem Frühsommer gefunden hatte. Derzeit testet er erneut den Widerstand bei 107 Punkten.
Ein steigender DXY signalisiert Druck auf die Aktienmärkte, da beide invers miteinander Korrelieren. Ein starker Dollar spricht für ein unsicheres Marktumfeld, da die wirtschaftlichen Bedingungen schwieriger werden.
Blick auf das Makro-Bild
Bitcoin ETF: Hauptverantwortlich für die jüngste Rally werden am Markt Neuigkeiten zum Bitcoin Spot ETF gemacht. Der „iShares Bitcoin Trust“ von BlackRock wurde auf der Website der Depository Trust and Clearing Corporation gelistet. Die DTCC ist eine zentrale Clearingstelle, die den Abwicklungsprozess von Wertpapiertransaktionen in den USA handhabt und Milliarden von Transaktionen sicher und effizient verwaltet.
Am Markt wurde dies als Anzeichen dafür interpretiert, dass die Genehmigung von Bitcoin-ETFs durch die US-Börsenaufsicht bald erfolgen könnte und dass BlackRock bereits die entsprechenden Vorkehrungen trifft, um mit dem Handel beginnen zu können. Es wird ebenfalls spekuliert, dass BlackRock bereits Bitcoin am Markt aufkauft, um für den Handelsstart des Produkts bereit zu sein. Ein Spot ETF muss physisch mit Bitcoin gedeckt sein und hat daher – anders als auf Futures basierende ETFs – einen großen Einfluss auf die Nachfrage.
Earnings Season: An den Gesamtmärkten steht derzeit die Berichtssaison zum dritten Quartal im Fokus und hier sorgen vor allem die „Magnificent Seven“ für Unruhe – damit sind die US-Technologie-Giganten Apple, Microsoft, Meta, Amazon, Alphabet, Tesla und Nvidia gemeint. Diese machen zusammengenommen etwa ein Viertel des Werts des gesamten S&P 500 aus und sind daher äußerst relevant für die Kursentwicklung des Index.
Seit dem Tief Ende 2022 waren sie maßgeblich an der Rally des Gesamtindex beteiligt, doch die jüngste Berichtssaison signalisiert, dass auch die Tech-Giganten neben dem ohnehin schwächelnden Rest an Momentum verlieren. Die bisher insgesamt eher enttäuschend verlaufende Berichtssaison gibt einen deutlichen Hinweis auf eine sich verlangsamende US-Wirtschaft und lässt die Sorgen vor einer drohenden Rezession wieder in den Vordergrund rücken, nachdem in den letzten Monaten vor allem der Hype um KI die Tech-Stocks aber auch den Gesamtmarkt nach vorne getrieben hatten, da sich durch künstliche Intelligenz ein Wachstumstreiber erhofft wurde.
Anleihemärkte: Der Blick auf die Anleihemärkte bleibt ebenfalls beunruhigend. Der Abverkauf vor allem am längeren Ende der Zinskurve setzt sich fort und die Zinsen der länger laufenden Anleihen steigen entsprechend weiter (da Anleihenkurse und deren Zinssätze in einer inversen Korrelation zueinander stehen). Dieses Szenario eines „Bear Steepeners“, bei dem die Zinsen insgesamt steigen, die langlaufenden jedoch schneller als die kurzlaufenden, lässt die invertierte Zinskurve zurück in Richtung einer Umkehrung einer Invertierung laufen – in der Vergangenheit ein 100% sicheres Signal für den Ausbruch einer Rezession.
Anleihen mit kurzer Laufzeit sind derzeit attraktiv, da die Federal Reserve die Zinsen am kurzen Ende auf Werte erhöht hat, wie man sie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen hat. Auf eine dreimonatige Anleihe erhält man derzeit einen Zins von satten 5,46%. Das schlägt nicht nur die Inflation, sondern outperformed auch die Aktienmärkte, bei einem gleichzeitig sehr viel besseren Chance/Risiko-Verhältnis, da im Grunde ausgeschlossen ist, dass die Anleihe bei Laufzeitende nicht von der Regierung bedient wird.
Länger laufende Anleihen werden derzeit jedoch vom Markt links liegen gelassen und das aus mehreren Gründen: Wichtige vergangene Käufer fallen derzeit weg, darunter vor allem China, Japan und die US-Notenbank selbst. China und Japan haben derzeit eigene geldpolitischen Sorgen und versuchen, ihre Währungen stabil zu halten. Sie verkaufen daher eher US-Anleihen. Auch die Fed lässt US-Anleihen in ihrem Balancesheet derzeit auslaufen und kauft keine neuen Anleihen, da sie immer noch damit beschäftigt ist, die Inflation zurück auf 2% zu drängen.
Die Käufer-Skepsis bezüglich der länger laufenden US-Staatsanleihen besteht auch aufgrund der großen Unsicherheiten, nicht zuletzt aufgrund der zunehmend außer Kontrolle geratenen Schuldensituation der USA. Eine immer größere Schuldenaufnahme ist nötig, um die vorhandenen Defizite auszugleichen und den Staat handlungsfähig zu halten. Das bröckelnde Vertrauen zeichnet sich durch eine geringere Kaufbereitschaft von zum Beispiel 10-jährigen US-Staatsanleihen ab, die eigentlich als einer der sichersten Parkplätze für Kapital überhaupt gelten. Auch der zuletzt wieder heiß gelaufene Konflikt in Israel spielt in diese Sache mit hinein. Neben den militärischen Hilfen für die Ukraine sind die USA nun perspektivisch in einen weiteren sehr kostspieligen Krieg verwickelt, der die Schulden-Teufelsspirale der USA noch schlimmer machen könnte.
Die brennende Frage ist: werden die Zinsen am Anleihemarkt weiter steigen und die Kurse der Anleihen damit noch weiter fallen? Sollte die Fed ihren Straffungspfad noch lange beibehalten und die US-Regierung die Schuldenspirale weiter hinabtrudeln, ist das durchaus wahrscheinlich. Allerdings ist äußerst fraglich, ob die US-Wirtschaft, die Finanzmärkte, oder auch der US-Bankensektor die derzeitige Situation an den Anleihemärkten noch lange aushalten können.
Anleiherenditen beeinflussen die Zinssätze, die Menschen für Kredite und Hypotheken zahlen, darunter Häuserkredite, Autokredite und so weiter. Höhere Renditen können die Wirtschaft extrem belasten, da Menschen und Unternehmen ihre Ausgaben aufgrund hoher Zinssätze reduzieren müssen. Die Banken hingegen sitzen auf immer größeren Liquiditätslöchern, da sie während der langen Nullzinsphase Kundengelder in Anleihen mit niedrigen Zinsen gesteckt haben, um wenigstens einen kleinen Profit zu erwirtschaften. Diese Anleihen stehen nun jedoch deutlich unter Wasser, da die Kurse in den Keller gefallen sind. Der Banken-Sektor ist bisher allein deswegen noch nicht kollabiert, weil die Fed bereits seit März diesen Jahres ein Notfall-Liquiditätsprogram aufgesetzt hat und den Banken die Anleihen zum „Originalpreis“ abnimmt.
Sollte jedoch irgendetwas aufgrund der derzeitigen Zinssituation drastisch in die Brüche gehen, sei es nun der Bankensektor, der Immobilienmarkt oder eine ausgewachsene Rezession, dann wird die Fed gezwungen sein, die Zinsen – ähnlich wie im März 2020 – rapide zu senken. Dadurch könnte ein Run auf Anleihen einsetzen und die Kurse nach oben drücken. Aktien würden in diesem Szenario wahrscheinlich einbrechen, da Anleihen – auch die lange laufenden – wieder deutlich attraktiver werden, da die Fed im Zweifel als „Buyer of Last Resort“ zur Verfügung stehen wird. Dagegen ist das deutlich höhere Risiko bei Aktien in diesem unsicheren Umfeld wesentlich weniger attraktiv.
Learning
Bitcoin Entkopplung: Bitcoin könnte allerdings eine zunehmend besondere Rolle in den beschriebenen Dynamiken zwischen Anleihemärkten und den restlichen Finanzmärkten spielen. Es ist durchaus fraglich, ob das Kaufinteresse der Anleger für langlaufende Anleihen zurückkehrt, selbst wenn eine Krise ausbricht und die Fed mit einer lockeren Geldpolitik intervenieren muss. Grund dafür ist die zunehmend hässlichere Lage im geopolitischen Bild. Wie bereits angesprochen stehen die USA nun vor der schwierigen Aufgabe, zwei kostspielige Kriege militärisch zu finanzieren, was für eine weitere Erhöhung der Schuldenaufnahme spricht. Gleichzeitig ist das derzeitige Bankenumfeld nicht mehr in der Lage, ohne künstliche Hilfe in einem Umfeld mit normalen Zinsen standzuhalten.
Der derzeitige Abverkauf der Anleihen am langen Zins-Ende symbolisiert letzten Endes, dass der Markt eine Zukunft einpreist, in der es aufgrund der massiven Neuschuldenaufnahme der USA – die nur durch die Druckerpresse finanziert werden kann – zu einer wesentlich höheren Inflation kommt. Es hat keinen Sinn, langfristige Anleihen selbst bei einem hohen Zinssatz zu halten, wenn die Inflation komplett außer Kontrolle gerät und die Kaufkraft des Dollars zerstört. Die massiven Kurssteigerungen von Bitcoin (und im Übrigen auch von Gold) sind ebenfalls ein Indiz dafür, dass die Anleger Anleihen zunehmend den Rücken kehren und nach Alternativen suchen, die von den Auswirkungen der Druckerpresse profitieren.
Einen Deepdive dazu liefert das neuste Essay von Arthur Hayes, welches ich euch wärmstens empfehlen kann. Hier kommt ihr direkt zum Medium-Artikel.
Im Kurzen hier das Fazit von Arthur Hayes zur immer mehr außer Kontrolle geratenden Situation an den Anleihemärkten: „And the end game, when yields get too high, is for the Fed to end all pretence that the US Treasury market is a free market. Rather, it will become what it truly is: a Potemkin village where the Fed fixes the level of interest at politically expedient levels. Once everyone realizes the game we are playing, the Bitcoin and crypto bull market will be in full swing.“
Einzelwerte
CHSB/BORG: Die Migration des CHSB Tokens hin zu BORG ist vollendet worden und im Zuge dessen konnte der Token eine schöne Performance hinlegen. Der nächste wichtige Meilenstein wird nun die neue Yield-Möglichkeit sein, die Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres kommen soll. Mit der Restrukturierung seines Tokens ist Swissborg meiner Meinung nach den richtigen Weg gegangen und stellt sich damit exzellent für den nächsten Bullrun auf.
Mein ausführliches Update zu Swissborg findet ihr hier.
LINK: Chainlink hat zuletzt ebenfalls mit einer deutlichen Rally auf sich aufmerksam gemacht und seinen langfristigen Abwärtstrend durchbrochen. Ich habe mich zuletzt intensiver mit Chainlink beschäftigt und meine Position noch einmal aufgestockt.
Einen Deepdive zu Chainlink bekommt ihr in meiner Projekt-Review.
!Keine Investment-Empfehlung! DYOR!
Weitere Infos:
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