Das dänische Steuerrechtsgremium hat in einem Bericht die Einführung neuer Regeln zur Besteuerung von Krypto-Vermögen empfohlen. Diese könnten ab 2026 gelten und auch unverwirklichte Gewinne und Verluste umfassen.
• Empfehlung: Das Steuerrechtsgremium empfiehlt ein Gesetz zur Besteuerung von Krypto-Vermögen ab 2026.
• Besteuerungsmodelle: Es wurden drei Modelle zur Besteuerung diskutiert: Kapitalertragssteuer, Lagerbesteuerung und Inventurbesteuerung.
• Hauptvorschlag: Die Inventurbesteuerung wird favorisiert. Hierbei würde das gesamte Krypto-Portfolio jährlich besteuert, unabhängig davon, ob die Vermögenswerte verkauft wurden.
• Gerechtigkeitsproblem: Der dänische Finanzminister Rasmus Stoklund betonte, dass Krypto-Investoren bisher oft unfair besteuert wurden und eine Vereinfachung der Regeln notwendig sei.
• Fehlinterpretationen: Der Bericht wurde in den sozialen Medien teilweise missverstanden – es steht noch nicht fest, ob die Gesetze tatsächlich in Kraft treten werden.
• Besteuerung: Bei der Inventurbesteuerung würde Krypto-Vermögen wie andere Finanzanlagen, etwa Aktien, behandelt und auf Basis von unverwirklichten Gewinnen und Verlusten besteuert.
• Rückwirkende Anwendung: Es bleibt unklar, ob die neuen Regeln auch rückwirkend für bestehende Krypto-Vermögen gelten.
• Meldepflichten: Krypto-Dienstleister wie Börsen sollen Transaktionen ihrer Kunden melden, wobei diese Informationen EU-weit zugänglich sein könnten.
• Zeitplan: Der Gesetzesvorschlag soll erst 2025 im Parlament diskutiert werden und frühestens am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
• Internationale Entwicklungen: Dänemark folgt mit den Empfehlungen dem globalen Trend, Vermögenswerte – insbesondere Krypto – stärker zu regulieren.
Wie sieht die Lage in Deutschland aus?
In Deutschland und den meisten Ländern sind unrealisierte Gewinne (also Gewinne, die durch eine Wertsteigerung von Vermögenswerten entstehen, ohne dass diese tatsächlich verkauft wurden) grundsätzlich nicht steuerpflichtig. Steuern fallen normalerweise erst bei der Realisierung dieser Gewinne an, also wenn der Vermögenswert verkauft wird.
Situation in Deutschland:
- Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG): Gewinne aus dem Verkauf bestimmter Vermögenswerte, wie Immobilien oder Kryptowährungen, sind nur dann steuerpflichtig, wenn sie innerhalb einer bestimmten Haltefrist realisiert werden (z. B. 10 Jahre bei Immobilien oder 1 Jahr bei Kryptowährungen).
- Aktiengewinne: Gewinne aus dem Verkauf von Aktien werden mit der Abgeltungssteuer besteuert, aber nur dann, wenn die Aktien tatsächlich verkauft wurden. Unrealisierten Gewinnen wird keine Steuer auferlegt.
Andere Länder:
- USA: Ähnlich wie in Deutschland werden unrealisierte Gewinne nicht besteuert. Es gibt jedoch Diskussionen über potenzielle Reformen, wie z. B. eine „Mark-to-Market“-Besteuerung, bei der unrealisierte Gewinne von sehr wohlhabenden Personen regelmäßig besteuert werden könnten. Dies ist jedoch noch nicht umgesetzt.
- Norwegen: Es gibt Diskussionen über die Besteuerung unrealisierten Gewinnen im Zusammenhang mit Vermögenssteuer für sehr reiche Einzelpersonen, aber in der Regel bleiben auch hier unrealisierte Gewinne unversteuert.
Es gibt derzeit keine weit verbreitete Gesetzgebung, die unrealisierte Gewinne auf breiter Basis steuerpflichtig macht. Steuerreformen, die dies anstreben, richten sich in der Regel auf sehr wohlhabende Einzelpersonen und wurden bisher noch nicht umfassend umgesetzt.
Die große Problematik hinter diesem Vorschlag
Die Idee, unrealisierte Gewinne zu besteuern, stößt auf erhebliche Kritik, da sie aus philosophischer und rechtlicher Perspektive kontrovers ist. Es gibt einige wesentliche Argumente, die die Gegner dieser Idee anführen, und sie beziehen sich auf Prinzipien des Eigentumsrechts, der Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Rationalität.
1. Eigentumsrecht und Verfassung
- In vielen Rechtssystemen, darunter auch in Deutschland, ist das Eigentumsrecht durch die Verfassung geschützt (z. B. in Artikel 14 des Grundgesetzes in Deutschland). Dieses Recht garantiert, dass Personen ihr Eigentum frei nutzen können, ohne dass sie unangemessen enteignet werden.
- Eine Besteuerung von unrealisierten Gewinnen könnte als eine Art „indirekte Enteignung“ betrachtet werden, da der Staat das Eigentum einer Person besteuern würde, ohne dass die Person tatsächlich über den Wert dieses Eigentums verfügt (zum Beispiel durch Verkauf oder Veräußerung).
- Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit wiederholt entschieden, dass eine Enteignung nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist, z. B. wenn sie dem Allgemeinwohl dient und angemessen entschädigt wird.
2. Liquiditätsproblem
- Eine Besteuerung von unrealisierten Gewinnen könnte Menschen in eine finanzielle Zwangslage bringen, da sie Steuern auf Werte zahlen müssten, die sie noch gar nicht realisiert haben. Das würde bedeuten, dass Personen gezwungen wären, ihre Vermögenswerte zu verkaufen, um die Steuer zu bezahlen.
- Dies könnte vor allem bei weniger liquiden Vermögenswerten (wie Immobilien oder Kunstwerken) problematisch werden, da es schwierig sein könnte, schnell Käufer zu finden oder den Marktwert zu realisieren.
3. Gerechtigkeit und ökonomische Rationalität
- Ein weiteres Argument ist, dass die Besteuerung unrealisierten Gewinns unfair ist, da Vermögenswerte auch wieder an Wert verlieren können. Wenn der Staat Gewinne besteuert, diese Gewinne jedoch in Zukunft nicht realisiert werden, würde die Person wirtschaftlich bestraft.
- In den meisten Steuerprinzipien wird das Prinzip der Leistungsfähigkeit herangezogen, wonach Steuern auf tatsächliche Einkünfte und Gewinne erhoben werden sollten – und nicht auf mögliche zukünftige Wertsteigerungen.
Wäre ein solches Gesetz rechtlich umsetzbar?
Sollte in Deutschland eine Gesetzgebung vorgeschlagen oder eingeführt werden, die die Besteuerung unrealisierter Gewinne vorsieht, könnte man durchaus rechtliche Schritte einleiten und sich dabei auf das Grundgesetz berufen, insbesondere auf den Schutz des Eigentums.
Relevante verfassungsrechtliche Grundlagen:
- Artikel 14 Grundgesetz – Eigentumsgarantie
- Artikel 14 des Grundgesetzes schützt das Eigentum und regelt, dass Eigentum nur im Interesse der Allgemeinheit eingeschränkt werden darf.
- Der Absatz 1 besagt: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.“
- Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
- Eine steuerliche Belastung unrealisierter Gewinne könnte als unverhältnismäßiger Eingriff in das geschützte Eigentumsrecht angesehen werden, insbesondere wenn keine reale Einkommenssituation besteht und der Gewinn nur auf dem Papier existiert.
- Artikel 14 Absatz 3 – Enteignung
- Eine solche Besteuerung könnte auch als eine Form der Enteignung betrachtet werden. Artikel 14 Absatz 3 erlaubt Enteignungen nur unter strengen Voraussetzungen: „Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.“
- Da eine Steuer auf unrealisierte Gewinne dazu führen könnte, dass Menschen gezwungen sind, Vermögenswerte zu verkaufen, um die Steuerlast zu tragen, könnte man dies als eine indirekte Enteignung auffassen, für die keine unmittelbare Entschädigung vorgesehen ist.
Chancen eines Gerichtsverfahrens:
Sollte eine solche Steuer tatsächlich eingeführt werden, wären mehrere verfassungsrechtliche Einwände möglich:
- Verhältnismäßigkeit des Eingriffs:
- Eine Steuer auf unrealisierte Gewinne könnte als unverhältnismäßig angesehen werden, da sie Bürgern eine Steuerlast auferlegt, ohne dass sie tatsächliche Einkünfte oder liquide Mittel erhalten haben.
- Das Bundesverfassungsgericht prüft immer, ob ein gesetzlicher Eingriff verhältnismäßig ist, das heißt, ob er geeignet, erforderlich und zumutbar ist, um ein legitimes Ziel zu erreichen. Eine Steuer auf unrealisierte Gewinne könnte in dieser Prüfung durchfallen, wenn es weniger eingreifende Maßnahmen gäbe, um das Ziel zu erreichen.
- Eigentumsschutz:
- Der Eigentumsschutz nach Artikel 14 könnte als Argument dafür herangezogen werden, dass der Gesetzgeber nicht ohne weiteres auf potenzielle, noch nicht realisierte Gewinne zugreifen kann. Die Steuer würde im Grunde Vermögen abschöpfen, das nur theoretisch existiert, was als übermäßige Belastung angesehen werden könnte.
- Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit:
- Im deutschen Steuersystem gilt das Prinzip der Steuerpflicht nach Leistungsfähigkeit, was bedeutet, dass Steuern in der Regel auf tatsächlich erzielte Einkommen oder Gewinne erhoben werden. Eine Steuer auf unrealisierte Gewinne könnte als Verletzung dieses Prinzips angesehen werden, da die betroffenen Personen möglicherweise keine tatsächliche Leistungsfähigkeit in Form von Liquidität besitzen.
- Liquiditätsrisiken:
- Ein zentrales praktisches Problem ist die Frage, wie jemand Steuern auf einen Gewinn zahlen soll, den er noch nicht realisiert hat. Dies würde Menschen zwingen, ihre Vermögenswerte möglicherweise unter ungünstigen Bedingungen zu verkaufen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit entschieden, dass Steuerregelungen nicht zu unzumutbaren Belastungen für die Steuerpflichtigen führen dürfen.
Möglicher Ablauf eines Verfahrens:
Sollte eine solche Steuer eingeführt werden, könnte man zunächst den Rechtsweg über die Finanzgerichte bestreiten, wenn man durch die Steuer belastet wird. Nach Ausschöpfung des Rechtswegs könnte der Fall schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Dieses Gericht prüft, ob das Gesetz verfassungskonform ist, und könnte es gegebenenfalls für verfassungswidrig erklären und aufheben.
Präzedenzfälle:
Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit wiederholt den Schutz des Eigentums hochgehalten und dafür gesorgt, dass Steuerbelastungen verhältnismäßig und gerecht bleiben. Ein bekanntes Beispiel ist die Vermögenssteuer, die seit 1997 in Deutschland nicht mehr erhoben wird, weil das Bundesverfassungsgericht sie als verfassungswidrig angesehen hat, da Vermögen unterschiedlich bewertet wurden und dies zu Ungleichheiten führte.
Fazit:
Sollte eine Steuer auf unrealisierte Gewinne in Deutschland vorgeschlagen oder umgesetzt werden, wären gerichtliche Schritte mit Bezug auf Artikel 14 des Grundgesetzes (Schutz des Eigentums) durchaus eine aussichtsreiche Option. Die Argumente könnten sich auf den Schutz des Eigentums, die Verhältnismäßigkeit und die praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer solchen Steuer stützen.