Derzeit überschlagen sich wieder die Ereignisse an den globalen Finanzmärkten. Letzte Woche musste der Krypto-Sektor durch den Verlust der Silvergate Bank einen herben Schlag einstecken, denn mit der Liquidierung der Bank ist einer der wichtigsten Schnittpunkte zwischen dem Krypto-Sektor und der traditionellen Finanzwelt verloren gegangen.
TL;DR – Das Marktupdate als Video:
Die anhaltende geldpolitische Straffung der US-Notenbank Federal Reserve sorgt jedoch auch dafür, dass in der Makro-Perspektive wieder düstere Gewitterwolken aufziehen. Gegen Ende der Woche hat es die Silicon Valley Bank (SVB) erwischt, einem wichtigen Dienstleister für US-Startups. Aufgrund von schlechtem Asset-Management und daraus resultierenden Liquiditätsengpässen ist es zu einem Bank-Run gekommen, der die Bank hat implodieren lassen.
Auch dadurch wurde der Krypto-Sektor in Mitleidenschaft gezogen, denn Circle, der Herausgeber des US-Dollar-Stablecoins USDC, hat einen Teil seiner Einlagen bei der Silicon Valley Bank gelagert. Als Folge hat USDC seine Deckung verloren und ist bis unter einen Kurs von 0,90 Cent gerutscht.
Im Zuge der Ereignisse hat der Krypto-Sektor deutlich Schlagseite bekommen. Bitcoin ist bis zurück an seinen 200-Tage-Trend gefallen und hat mit dieser Korrektur zeitweise auch die runde Marke von 20.000$ unterschritten.
Über das Wochenende konnte die Kryptowährung jedoch wieder erheblich an Boden gut machen und ist mit einem Kursanstieg von 10% wieder bis an die Marke von 22.000$ geklettert. Damit signalisiert der Chart eine deutliche Bestätigung des 200-Tage-Trends und der runden Marke von 20k$ als charttechnische Unterstützung.
Auch an den US-Aktienmärkten ist der SVB-Kollaps nicht spurlos vorrübergegangen. Der S&P500 ist deutlich ins Minus und wieder unterhalb seines Abwärtstrends aus 2022 gerutscht. Auch den 200-Tage-Trend konnte er nicht halten. Der Handelsstart am Montag wird weiteren Aufschluss über die Stimmung der Anleger geben. In Europa tanken die Märkte bereits. Der deutsche Leitindex Dax verzeichnet am Montag Verluste von über 2%.
Echos aus 2008 – US-Regulatoren springen in die Bresche
Der Untergang der Silicon Valley Bank hat Echos aus der Finanzkrise 2008 durch die Finanzmärkte hallen lassen und die Stimmung ist entsprechend ungemütlich geworden. Es ist eine vermehrte Verlagerung von Kapital aus US-Regionalbanken zu den ganz großen Playern beobachtet worden, vor allem zu JPMorgan. Die Angst vor einer marktweiten Contagion, also einer Ansteckung der Liquiditätsengpässe für andere Banken, war kurz davor, auszubrechen. Neben der SVB wurde auch die in New York ansässige Signature Bank von der Regierung kaltgestellt – um einer weiteren Ausweitung der Abflüsse von Kundengeldern und damit einer systemischen Ansteckung vorzubeugen, so die offizielle Begründung.
Die US-Regierung und die Regulierungsbehörden, sowie die US-Notenbank Federal Reserve sind schnell eingeschritten. Allen Kunden der SVB und auch der Signature Bank wurde eine volle Rückerstattung ihrer Einlagen zugesichert. Die Aktien-Inhaber der Banken werden jedoch nicht entschädigt.
Zudem hat die Fed am Wochenende ein Notfall-Liquiditätsprogramm für Banken ausgerufen. Banken können Staatsanleihen als Sicherheit bei der Fed hinterlegen und erhalten dafür Kapital als Kredit. Der Clue: Die Fed nimmt nicht den momentanen Marktwert der Anleihen, sondern 100% des insgesamt in der Anleihe enthaltenen Geldwerts, der beim Auslaufen der Anleihe fällig würde, als Sicherheit entgegen. Das soll den Banken die nötigen Liquiditätsquellen sichern.
Hintergrund ist, dass Banken in den letzten Jahren stark in Bonds gegangen sind, da sie eigentlich als sehr solider Parkplatz für Kapital gelten. Die extreme geldpolitische Straffung der US-Notenbank in den letzten Monaten hat allerdings die Zinsen an den Bondmärkten nach oben geprügelt und gleichzeitig die Kurse der Anleihen in den Keller geschickt.
US-Banken sitzen daher auf unrealisierten Verlusten in ihren Balancesheets von ca. 600 Milliarden Dollar. Sollten wie im Falle der SVB vermehrt Kunden ihr Kapital abziehen wollen, stellt das ein erhebliches Problem dar, da die Geldabflüsse die Verluste deutlich machen würden. Den Banken fehlt ein großer Teil des bei ihnen eingezahlten Kapitals.
Das Notfall-Programm soll nun die Sorgen der Bankkunden zerstreuen und eine sich selbst verstärkende Bank-Run-Todesspirale verhindern – die Hauptgefahr innerhalb unseres heutigen Fiatgeldsystems, welches nur zu einem Bruchteil gedeckt ist. Das meiste Geld existiert nicht wirklich und in Situationen wie diesen kann schwindendes Bankkundenvertrauen zu einer tickenden Zeitbombe werden.
Wie geht es jetzt weiter?
Makro-Bild: Die Behörden sind schnell in die Bresche gesprungen und haben einen landesweiten Bankrun zunächst wahrscheinlich abgewendet. Allerdings ist die Federal Reserve jetzt in einer extrem unglücklichen Situation. Nun zeigen sich die wirklich ernsten Risse an den Finanzmärkten, die durch die geldpolitische Straffung und vor allem das enorme Tempo der Zinserhöhungen hervorgerufen werden.
Die Markterwartungen an den nächsten Zinsentscheid am 22. März haben sich deutlich gedreht. Jetzt erwartet kaum noch jemand eine Zinserhöhung um 0,5%. Viele gehen jetzt sogar davon aus, dass die Fed vorerst komplett mit ihren Zinserhöhungen aussetzen muss.
In einem normalen Umfeld würde ein Ereignis wie das um SVB sofort zu einer Zinssenkung führen. Das kann die Fed jedoch nicht machen, weil die Inflation immer noch viel zu hoch ist. Hier rücken die Inflationszahlen für Februar in den Fokus, die Morgen veröffentlicht werden.
Die Frage ist auch, ob das am Wochenende ausgerufene Notfallprogramm der Fed ausreicht, um die Ängste der Bankkunden zu zerstreuen. Rational gesehen dürften die Maßnahmen der Fed reichen, um den Banken genug Liquidität zur Verfügung zu stellen, aber Bank-Runs haben viel mit Emotionen zu tun. Das Notfall-Programm der Fed ist kein Garant dafür, dass die Panik unter Bankkunden sich jetzt komplett aufgelöst hat und wir am Montag in den USA keine weiteren Geldabflüsse sehen werden.
Krypto-Sektor: Die Kurse am Krypto-Markt sind zwar zuletzt wieder erheblich gestiegen, doch unter dem Strich sind die Ereignisse trotzdem ein herber Schlag. Denn die US-Behörden haben auch die Signature Bank dicht gemacht. Nach den Ereignissen um SVB hat auch die Signature Bank massive Kundenabflüsse verzeichnen müssen, so wie viele andere kleinere US-Banken.
Die Führungsebene der Bank hat zwar versichert, dass sie dem Sturm hätten standhalten können, doch die Regulatoren haben die Bank kaltgestellt – mit der offiziellen Begründung, die US-Wirtschaft zu schützen. „Die Maßnahmen, die wir heute ergriffen haben, zielten darauf ab, die Folgen der Abflüsse von Einlagen aus der Silicon Valley Bank und von Signature zu begrenzen und etwaige Spillover-Effekte zu verringern“, so ein hochrangiges Mitglied der Regulierungsbehörden.
Man könnte meinen, es wäre eine forcierte Aktion gegen den Krypto-Sektor, denn mit dem Verlust der Signature Bank ist der Krypto-Sektor in den USA nun defacto von dem US-Bankensystem abgeschnitten. Signature war die letzte große Bank, die Krypto-Unternehmen als Dienstleister zur Verfügung stand, nachdem letzte Woche Silvergate den Bach runter gegangen ist. Nun muss eine andere Bank in die Bresche springen. Wirtschaftlich würde das große Chancen eröffnen, da der Krypto-Sektor eine Multimilliarden-Industrie ist, doch die Frage wird sein, ob die Behörden sich nicht quer stellen werden. Die Aktion gegen Signature fühlt sich wie eine direkte Attacke gegen den US-Krypto-Sektor an und hat nun wichtige Bande zwischen beiden Welten gekappt.
Warum steigt Bitcoin trotzdem?
Trotz dieser äußerst ungemütlichen Situation hat Bitcoin den Turbo gezündet und die Verluste der letzten Woche wieder aufgeholt. Zum einen liegt das wohl an der Erwartungshaltung der Anleger, dass die Federal Reserve ihre geldpolitische Straffung pausiert, um nicht noch mehr Schaden im Bankensystem zu verursachen. Mit ihrem Notfallprogramm hat sie im Grunde sogar wieder mit dem Zufügen von Liquidität in die Märkte begonnen. Eine lockere Fed ist bullisch für Risk-On-Assets wie Bitcoin.
Der andere große Grund könnte darin liegen, dass der wahre Usecase von Bitcoin nun mehr und mehr in den Fokus rückt. Das Finanzsystem zeigt einmal mehr deutliche Risse. Die Geschehnisse der letzten Tage rufen böse Erinnerungen an die Finanzkrise 2008 wach. Nur mit dem Unterschied, dass die Ausgangslage aufgrund der Jahre des Geldruckens und der nun gigantischen Überschuldung des globalen Finanzsystems um ein Vielfaches schlimmer ist.
Bitcoin ist ein autonomes System, dass ohne Banken funktioniert. Die Brücken zwischen staatlichem Geld und Krypto mögen nun in den USA größtenteils eingerissen sein, es ist aber immer noch möglich, Geld in Bitcoin zu investieren. Für europäische Investoren sieht die Lage ohnehin anders aus, da die Regulatoren hier bisher keinen so strikten Feldzug gegen den Sektor führen.
Angesichts der nun wieder wachsenden Probleme im Geld- und Zentralbanksystem dürfte für viele Anleger eine Absicherung eines Teils ihres Kapitals in Bitcoin jetzt wesentlich attraktiver aussehen.
Weitere Infos:
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