Bitcoin ist vielleicht als alternative Währung, zumindest jedoch als Wertspeicher interessant, weil es komplett ohne Drittanbieter und ohne Einschränkungen nutzbar ist, nicht beliebig vermehrt werden kann und kryptographisch verschlüsselt ist. Das System kann nicht von außen oder einer einzelnen Partei manipuliert werden.
Das ist die Ausgangslage, warum die Adaption von Bitcoin auf der Welt voranschreitet und warum sich immer mehr Leute für Bitcoin interessieren – bzw. es nutzen.
Es gibt jedoch einen extrem relevanten Faktor, der für die zyklische Preisbewegung von Bitcoin sorgt, die man im langfristigen Chart beobachten kann – und dass ist die Art und Weise wie die Produktion von Bitcoin geregelt ist.
Diese macht Bitcoin erst so selten. Es gibt einen Messwert, der die Knappheit von Bitcoin gut veranschaulicht und genau zeigt, wie die zyklischen Preisbewegungen ausgelöst werden: die sogenannte Stock to Flow Ratio.
Was ist die Stock to Flow Ratio?
Die Stock to Flow Ratio (StF) ist ein Maß, das verwendet wird, um die Knappheit von Rohstoffen, wie zum Beispiel Edelmetalle aber auch von Kryptowährungen wie Bitcoin, zu quantifizieren.
Das StF-Ratio wird berechnet, indem der Bestand (Stock) eines Rohstoffs durch den jährlichen Produktionsfluss (Flow) desselben Rohstoffs geteilt wird. Mit anderen Worten, das StF-Ratio zeigt, wie lange es dauern würde, den aktuellen Bestand eines bestimmten Rohstoffs mit der aktuellen Produktionsrate zu erreichen. Ein hohes StF-Ratio weist auf eine hohe Knappheit des Rohstoffs hin.
StF am Beispiel Gold
Nehmen wir Gold als Beispiel. Laut Angaben des World Gold Council wurden bis Ende 2022 insgesamt 208.874 Tonnen Gold gefördert. Das ist der Stock. 2022 wurden laut Daten des Council 3611,9 Tonnen weltweit gefördert. In den letzten 10 Jahren variierte die jährliche Fördermenge ungefähr zwischen 3100 und 3600 Tonnen. Das ist der Flow. Nehmen wir hier zwecks Vereinfachung einen Wert von 3300 Tonnen.
Die Rechnung zur Ermittlung des StF von Gold beträgt: 208.874 durch 3300 gleich 63,3 Jahre. So lange würde es dauern, den Stock von Gold mit der aktuellen Fördermenge wieder aufzufüllen.
Darum verändert sich die StF von Gold kaum
Gold hat auch deswegen eine hohe Stock to Flow Ratio, weil es nicht verbraucht wird. Nehmen wir Kupfer als Gegenbeispiel. Kupfer ist ein Industrierohstoff, der für die Herstellung unglaublich vieler Dinge benötigt wird. Fast sämtliche geförderte Kupferbestände werden von der Wirtschaft schnell wieder aufgebraucht. Daher hat Kupfer eine niedrige Stock to Flow Ratio.
Gold wird zwar auch zu industriellen Zwecken verwendet, das meiste Gold dient jedoch als Wertspeicher – in Form von Münzen, Barren oder Schmuck. Das meiste Gold wird also nicht verbraucht, sondern bleibt bestehen. Hinzu kommt die aufwändige Förderung und das seltenere Vorkommen als die meisten anderen Edelmetalle. Daraus ergibt sich der hohe StF-Wert von Gold.
Der entscheidende Faktor für die StF-Ratio von Gold liegt bei der Produktion. Steigt die Nachfrage, steigt der Preis, da nur wenig Gold auf dem Markt verfügbar ist. Bei steigenden Preisen steigt auch die Fördermenge, da die Margen trotz des hohen Aufwands höher werden. Dadurch steigt das Angebot und der Preis sinkt wieder. Letzten Endes sinkt dadurch auch wieder die Fördermenge, weil die Marge sinkt. Dadurch bleibt die StF-Ratio von Gold recht stabil und steigt lediglich langfristig immer weiter, jedoch in sehr gemächlichem Tempo.
Die StF-Ratio bei Bitcoin und warum sie so ein starker Preistreiber ist
Bei Bitcoin sieht die Sache vollkommen anders aus, den sowohl der Gesamtbestand als auch die Fördermenge werden über das mathematische Protokoll der Bitcoin-Blockchain geregelt. Das macht die StF-Ratio bei Bitcoin zu einem viel einflussreicheren Faktor für die Preisentwicklung als bei allen natürlich vorkommenden knappen Ressourcen.
Neue Bitcoin-Einheiten werden als Anreiz für die Bitcoin-Miner bei der Erzeugung von neuen Transaktionsblöcken in der Blockchain erzeugt, damit die Blockchain weiterbetrieben wird. Am Anfang waren dies 50 Bitcoins pro Block. Alle 210.000 Blöcke justiert sich die Blockchain automatisch und halbiert die Neuerzeugungsrate. Dies geschieht etwa alle vier Jahre. Die Erzeugung eines Blocks soll immer jeweils 10 Minuten benötigen. Das Protokoll setzt dies voraus, indem es die Schwierigkeit des Rechenalgorithmus, der bei der Erzeugung des Blocks stattfindet, entsprechend einstellt und alle 2 Wochen immer wieder neu anpasst, je nachdem wie viel Rechenleistung durch die Miner insgesamt an der Fortsetzung der Blockchain teilnimmt.
Daraus ergibt sich ein ungefähr festgelegter Zeitplan, der einen extremen Einfluss auf die StF-Ratio von Bitcoin hat, da die Neuerzeugungsrate defacto alle 4 Jahre halbiert wird. Seit der Entstehung von Bitcoin im Jahr 2009 haben bereits 3 Halvings stattgefunden. Von anfänglich 50 neuerzeugten Bitcoins pro Block wurde die Neuerzeugungsrate mittlerweile auf 6.25 BTC reduziert.
Da etwa alle 10 Minuten ein neuer Block erzeugt wird, kann man daraus eine sehr präzise jährliche Flow-Rate für Bitcoin berechnen: 6.25 BTC alle 10 Minuten = 37,5 BTC pro Std = 900 BTC pro Tag = 328.500 BTC pro Jahr. Bisher (Stand Mitte 2023) wurden insgesamt 19.419.568 Bitcoin-Einheiten erzeugt. Das ist der Bestand. Daraus ergibt sich eine StF-Ratio wie folgt: 19.419.568 durch 328.500 = 59,1 Jahre.
Damit liegt die StF-Ratio von Bitcoin annähernd bei der von Gold. Das nächste Halving wird ungefähr Ende April 2024 stattfinden. Nach dem Halving erhöht sich die Stock to Flow Ratio von Bitcoin auf einen Wert von ungefähr 118 Jahre. Die Knappheit von Bitcoin erhöht sich also mit jedem Halving rapide.
Knappheit allein hat keine große Relevanz. Letzten Endes hat Knappheit nur Auswirkungen auf den Preis von etwas, wenn auch eine Nachfrage besteht, ergo wenn die Ressource einen gewissen Mehrwert hat. Die bisherige Preisentwicklung von Bitcoin zeigt eindrucksvoll, dass die Nachfrage und damit das Interesse am Mehrwert von Bitcoin in seiner Funktion als Wertspeicher oder sogar als alternativer Währung seit seiner Entstehung kontinuierlich größer geworden ist.
Die Halbierung der Neuerzeugungsrate und damit die Vergrößerung der Knappheit von Bitcoin als Ressource hat bisher jedes Mal einen extrem positiven Einfluss auf die Bitcoin-Preisentwicklung gezeigt. Durch die relativ exakte Zeitspanne zwischen den Halbierungen ergeben sich die angesprochenen preislichen Zyklen von Bitcoin, die man im langfristigen Chart sehr gut erkennen kann.
Anhand vergangener Daten und unter der Voraussetzung, dass die Adaption und damit auch das Interesse an Bitcoin weiter voranschreitet, kann man davon ausgehen, dass auch das nächste Halving einen erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung nehmen wird.
Denkt immer langfristig!
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