US-Default: Passiert es wirklich und was bedeutet es im Zweifel für Bitcoin?

Der Juni rückt immer näher. Und angesichts der erneut wiederholten Warnungen der US-Finanzministerin Janet Yellen könnte dieser Monatswechsel ein kritischer Moment für die Finanzmärkte werden. Die US-Ministerin hat gegenüber dem Kongress erneut die Warnung ausgesprochen, dass die USA bereits am ersten Juni in die Zahlungsunfähigkeit rutschen könnten, wenn die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze nicht erneut erhöht werden sollte.

Die USA verfolgen bereits seit einigen Jahrzehnten eine defizitäre Haushaltspraktik. Das heißt im Klartext: sie geben mehr Geld aus als sie über Steuern einnehmen. Das nötige Geld holen sie sich durch die Ausgabe von Staatsanleihen. Diese Praktik hat zu einem gigantischen Schuldenberg geführt, der mittlerweile auf den astronomischen Wert von 31,5 Billionen Dollar angewachsen ist.

Auf dem Papier ist das kein Problem für die USA, denn sie sind die größte Wirtschaftsmacht der Welt, verfügen über das weltweit stärkste Militär und besitzen mit dem US-Dollar die Kontrolle über die wichtigste Währung der Welt, mit der ein Großteil des globalen Handels getätigt wird und nach der daher eine riesige Nachfrage besteht. Es finden sich also immer mehr als genug Abnehmer, um neue Staatsanleihen auszugeben und diese defizitäre Haushaltspraktik zu finanzieren.

Man könnte es zynisch formulieren: um den Schein zu wahren, sich an konstruktiven und wirtschaftlich tragbaren Prinzipien zu orientieren, muss der US-Kongress sich immer wieder durch lange Debatten darauf einigen, die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze zu erhöhen, damit die defizitäre Finanzierung weitergehen kann. In der Vergangenheit war dies mehr Schein als Sein, denn die Schuldenobergrenze wurde in den letzten Jahrzehnten bereits dutzende Male erhöht. Es ist im Grunde zur politischen Routine in den USA geworden.

Wird es diesmal anders?

Nun ist der Punkt erneut erreicht, an dem eine weitere Erhöhung der Schuldenobergrenze notwendig wird. Diesmal ist die Lage jedoch ein wenig zugespitzter als es in vergangenen Verhandlungen war. Die beiden politischen Partien der Demokraten und der Republikaner waren schon immer durch konträre politische Ansichten geteilt. In der Vergangenheit konnte sich jedoch trotzdem bei den wichtigsten Entscheidungen meistens schnell geeinigt werden.

Der derzeitige Zustand der politischen Landschaft in den USA ist jedoch aufgeheizt wie lange nicht mehr und die Fronten zwischen beiden Lagern sind verhärtet wie nie. Die Jahre der Corona-Pandemie und vor allem die geldpolitischen Exzesse dieser Zeit haben den Keil noch tiefer zwischen die beiden Weltansichten getrieben.

Der aktuelle Zahlungsausfallstermin rückt daher immer näher, während eine Einigung zwischen beiden Lagern diesmal noch weit entfernt scheint. Während US-Präsident Joe Biden sich zuletzt optimistisch für eine Einigung gezeigt hatte, äußerte sich der Republikaner und vor Kurzem neugewählte Sprecher des Kongresses, Kevin McCarthy, gegenüber den Medien noch äußerst skeptisch.

Es bleibt weiterhin das wahrscheinlichste Szenario, dass beide Seiten sich am Ende einigen werden, denn ein Zahlungsausfall der USA hätte desaströse Konsequenzen, die beide Seiten auf keinen Fall heraufbeschwören wollen. Allerdings liefert einerseits die scheinbare Gewissheit, dass am Ende ohnehin eine Einigung kommt, Spielraum für einen ausgedehnten Stand-Off bis zur letzten Minute, um die eigenen Interessen jeweils durchzudrücken und andererseits besteht durch die in diesem Ausmaß selten gesehene Polarisierung zwischen beiden politischen Lagern durchaus ein höheres Risikopotenzial.

Zumindest an den Finanzmärkten machen sich bereits erste Sorgen breit, dass es diesmal nicht zu einer reibungslosen Einigung kommen könnte. Das ergibt sich aus den Aussagen diverser Akteure aus der Branche und skizzierten Notfall-Strategien einiger Hedgefonds und Investment-Banken.

Was passiert, wenn die Schuldenobergrenze wirklich nicht angehoben wird?

Sollten sich die beiden politischen Lager wirklich nicht rechtzeitig darauf einigen, die Schuldenobergrenze zu erhöhen, dann hätte das erhebliche Konsequenzen:

  • Es würde zu einem Zahlungsstopp bei kurzfristig laufenden Anleihen kommen. Das würde zu Verwerfungen an den Anleihemärkten führen. Wahrscheinlich würde das zu einem kurzfristigen, erheblichen Anstieg der Markt-Zinsen führen
  • Turbulenzen an den Anleihemärkten könnten sich schnell auf andere Märkte ausbreiten, bspw. auf den Immobilienmarkt, die Derivate-Märkte oder auf Rohstoffmärkte, sowie generell auf die Kreditbedingungen für Unternehmen und Privatpersonen
  • Regierungsmitarbeiter könnten nicht mehr bezahlt werden, staatliche Aufträge für Baufirmen usw. könnten im Worstcase vorerst nicht weiter bedient werden. Es gäbe erhebliche negative Konsequenzen für die US-Wirtschaft
  • Sozialabgaben würden vorerst eingestellt. Das würde kranke oder anderweitig arbeitsunfähige oder hilfsbedürftige Menschen treffen
  • International würde die Kreditwürdigkeit der USA leiden und das könnte wiederum Konsequenzen darauf haben, wie ausländische Marktteilnehmer mit US-Treasuries umgehen

An den Finanzmärkten würden die Marktteilnehmer aufgrund dieser Konsequenzen wahrscheinlich recht schnell eine Rezession einpreisen. Preise von Vermögenswerten, vor allem Aktien, dürften dann in den Keller rauschen. Das wiederum würde auch weitere negative Konsequenzen nach sich ziehen, da Vermögenswerte, die als Collateral für Kredite eingesetzt werden, im Wert sinken würden und damit die Deckung dieser Kredite evtl. nicht mehr ausreichen würde.

Aufgrund der ohnehin bereits extrem angespannten Lage an den Finanzmärkten durch die hohen Zinsen, die unter der Oberfläche immer noch brodelnde Bankenkrise und der Gefahr einer ohnehin anstehenden Rezession könnte durch einen weiteren Trigger schnell ein Teufelskreis entstehen, der die Kurse von Vermögenswerten nach unten drückt und die Liquidität an den Finanzmärkten aufgrund des wegbrechenden Vertrauens schnell austrocknen lassen würde.

Sollte es zu solch einem Szenario kommen, müsste die Notenbank wieder die Feuerwehr spielen und die Märkte mit Liquidität überfluten, sowie die Zinsen deutlich senken. Je länger die Regierung mit einer Lösung des Problems auf sich warten lässt, desto kritischer könnte die Lage aufgrund des wegbröckelnden Vertrauens werden, selbst wenn die Schuldenobergrenze kurz vor dem kritischen Punkt noch angehoben werden sollte.

Die US-Finanzministerin Yellen hat es in ihrer Warnung treffend formuliert: „Das Warten bis zur letzten Minute mit der Aussetzung oder Erhöhung der Schuldengrenze kann das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern ernsthaft schädigen, die kurzfristigen Kreditkosten für Steuerzahler erhöhen und sich negativ auf die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten auswirken.“

Was würde ein solches Szenario für Bitcoin bedeuten?

Bitcoin befindet sich spätestens seit dem Ausbruch der neuen Bankenkrise in den USA vor ein paar Wochen in einem hybriden Stadium. Einerseits hat sich das Narrativ für Bitcoin als unabhängige Alternative zum Bankensystem und als sicherer Wertspeicher deutlich gestärkt. Andererseits besteht weiterhin eine enge Korrelation mit den Finanzmärkten, da Bitcoin immer noch in einem sehr frühen Stadium seiner Adaption steckt und eine echte Entkopplung von der traditionellen Finanzwelt wahrscheinlich noch nicht möglich ist.

Der drohende US-Default ist eine weitere Werbung für die Vorzüge von Bitcoin und zeigt anschaulich, wie fragil und zentralisiert das Dollar-System ist und dass es an der Willkür weniger Entscheidungsträger hängt.

Sollte sich jedoch das oben beschriebene Worstcase Szenario ausspielen und die Finanzmärkte in eine Krise werfen, dann dürften auch Bitcoin und der restliche Krypto-Sektor zunächst mit in die Tiefe gerissen werden. Es ist jedoch fraglich, ob Bitcoin dann lange auf unteren Niveaus verharren würde, oder schnell frisches Kapital hineinflüchten würde. Denn zumindest auf der grundlegenden technischen Ebene wäre Bitcoin nicht wirklich von diesem negativen Szenario beeinträchtigt. Die Blockchain würde einfach weiterlaufen.

Hinzu kommt, dass die Federal Reserve im Zweifelsfall auf jeden Fall zur Rettung eilen und die Geld-Bazooka einmal mehr zünden müsste. Das könnte den Boden für ein ähnliches Szenario wie in 2020 bereiten – also eine extreme Rally bei Vermögenswerten nach einem anfänglichen Crash.

Wie sieht die langfristige Perspektive aus?

Kurzfristig gesehen werden die beiden politischen Lager sich sehr wahrscheinlich wieder auf eine Erhöhung der Schuldenobergrenze einigen. Es kann nicht im Interesse beider Lager sein, die negativen Konsequenzen auf ihr Land und ihre Wähler loszulassen, die im Zweifel folgen würden. Vor allem angesichts des ohnehin bereits fragilen Bildes auf der makroökonomischen Ebene.

Langfristig gerät das am Anfang beschriebene Modell der USA jedoch immer mehr an seine Limits. Der wachsende Schuldenberg wird immer kostspieliger, auch wenn man sich das Geld im Grunde aus der Druckerpresse holen kann. Die zu bedienenden Zinsen dieses Schuldenbergs wachsen ebenfalls Jahr für Jahr und vor allem in Phasen wie der aktuellen wird diese Last mit hohem Tempo größer.

Laut einer Einschätzung des US Congressional Budget Office wird sich das jährliche Defizit bei einem Beibehalten des aktuellen Kurses über die nächsten 10 Jahre fast verdoppeln. Dieses Jahr wird das Defizit des US-Staatshaushalts auf 1,5 Billionen Dollar prognostiziert. Im Jahr 2033 wird mit einem Defizit von 2,7 Billionen Dollar gerechnet. Das würde die Staatsverschuldung von derzeit 98% auf 119% des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.

Es ist fraglich, wie lange dieses Konstrukt noch weiter aufrechterhalten werden kann, sowohl auf der wirtschaftlichen bzw. monetären Ebene als auch auf der rein politischen Ebene, denn irgendwann wird es schwer, dieses Modell noch als nachhaltig zu verkaufen, sowohl für das eigene Land als auch für die internationalen Wirtschaftsteilnehmer. Dass die Akzeptanz dieses Modells sein Ende erreicht hat, sieht man bereits an den Bemühungen der BRICS-Staaten unter der Führung von China, ein eigenes Währungsmodell aufzubauen und sich von der Dominanz des US-Dollars abzukoppeln.

Je fragiler das System staatlicher Währung und vor allem des Dollars wird, desto größer wird der Wert von Bitcoin als unabhängigem Wertspeicher, der einerseits durch seine deflationäre und nicht manipulierbare Struktur punktet, andererseits aber auch vor den wachsenden geopolitischen Spannungen aufgrund seiner dezentralen Natur Schutz für Anleger und deren Kapital bietet.

Kurzfristig wäre ein US-Default also wahrscheinlich auch für Bitcoin schmerzhaft, langfristig wird der Investmentcase für Bitcoin jedoch weiterhin nur attraktiver.

Denkt immer langfristig!

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Disclaimer: Die Inhalte dieses Artikels dienen ausschließlich der Information und stellen weder eine Anlageberatung oder sonstige Empfehlung dar noch sind sie als Zusicherung etwaiger Kursentwicklungen zu verstehen. Sie ersetzen nicht die selbständige, sorgfältige Prüfung und eingehende Analyse des Investments (Due Diligence), sowohl in Bezug auf seine Chancen als auch auf seine Risiken und ihre persönliche Tragbarkeit. Die Informationen stellen ausdrücklich keine Aufforderung zum Kauf, Halten oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder anderen Anlageprodukten dar. Die geäußerten Ansichten geben allein die Meinung des Autors wieder. Weder der Autor noch decentralist.de haften für Verluste oder Schäden irgendwelcher Art, die im Zusammenhang mit dem Inhalt des Artikels oder einem auf der Grundlage der darin enthaltenen Informationen getätigten Investment stehen.

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Disclaimer auf Deutsch: Der Krypto-Sektor jenseits von Bitcoin ist ein verdammtes Casino. Einzelne Coins können zwar komplett durch die Decke gehen, das Risiko eines Totalverlustes ist jedoch auch an der Tagesordnung. Altcoins haben in den meisten Fällen nichts mit Investments zu tun, sondern sind viel mehr reine Spekulation. Wenn ihr am Casino-Tisch Platz nehmt, dann macht ihr das auf eigene Gefahr. Ich zeige hier, wie ich im Krypto-Sektor unterwegs bin und welche Strategien ich benutze, weil ich das Thema liebe und gerne darüber spreche. Ihr könnt mit den Informationen machen, was ihr wollt, ihr seid erwachsen – eine Empfehlung von meiner Seite ist es definitiv nicht. Ich empfehle gar nichts, jeder Mensch sollte eigene, auf ausführlicher Recherche, gesundem Menschenverstand und individueller Risikoabwägung basierende Entscheidungen darüber treffen, was man mit seinem eigenen Geld machen möchte.