Der Merge von Ethereum wird von der Krypto-Community heiß erwartet, denn er soll Ethereum in Sachen Netzwerkeffizienz und Skalierung einen großen Schritt voranbringen. Jedoch gibt es auch einige Kontroversen um den Wechsel des Konsensmechanismus von Proof of Work zu Proof of Stake.
Während bei Proof of Work der Konsensmechanismus und die Erzeugung neuer Transaktionsblöcke via einer Arbeitsleistung in Form von Rechenleistung, bzw. aufgewendeter Energie erbracht wird, müssen Transaktionsvalidatoren beim Proof of Stake Mechanismus eine gewisse Menge an Kapital im Netzwerk hinterlegen, um ihre Legitimität nachzuweisen.
Aus Sicht einiger Krypto-Enthusiasten hat PoS einige Nachteile gegenüber PoW was die Sicherheit und die Zugänglichkeit angeht und die Dezentralität eines so betriebenen Netzwerks kann potenziell in Zweifel gezogen werden.
Wird Ethereum sich im Zuge des Merges splitten?
Es gibt bereits Diskussionen innerhalb des Krypto-Sektors darüber, ob Ethereum nach dem Merge via einer Hardfork aufgeteilt werden soll und danach sowohl eine PoW-Version von Ethereum als auch PoS-Version weiterlaufen soll.
Eine PoW-Version wäre vor allem für die Mining-Industrie interessant, da der Merge von Ethereum das Mining defacto eliminieren wird und die Miner dann auf nutzlosen Geräten sitzen bleiben, sollten sie diese nicht für das Mining anderer Krypto-Assets nutzen können. Auf Ethereum-Mining spezialisierte Geräte eignen sich weniger gut für Bitcoin-Mining, als speziell dafür hergestellte Geräte und wären damit weniger konkurrenzfähig, bzw. unrentabel.
Daher wäre aufgrund der Nachfrage seitens des Mining-Sektors und der Skepsis einiger Krypto-Anhänger gegenüber Proof of Stake grundsätzlich ein Interesse für eine weiterhin auf Proof of Work basierende Ethereum-Chain vorhanden. Allerdings gibt es einige Argumente, die dagegensprechen.
Zum einen wäre da der ökonomische Aspekt. Eine solche Ethereum-Chain müsste von Null anfangen, da es zunächst keine Infrastruktur geben würde. Heißt, alle Smart Contracts müssten neu aufgesetzt werden und es gäbe auch keine Stablecoins, die für die Liquidität des Ökosystems eine wichtige Rolle spielen.
Es ist fraglich, ob eine Ethereum-PoW-Variante genug Nutzer und Entwickler anziehen würde, um ein rentables Netzwerk zu bilden. Jeder ETH-Halter würde bei einer Hardfork automatisch eine Variante des PoW-Ether erhalten – und die Verlockung wäre groß, diese dann zu verkaufen, um sie in das aktuelle ETH zu investieren und am Proof of Stake Konsensmechanismus teilzunehmen und Zinsen zu kassieren oder die PoW-ETH gegen andere Assets zu traden.
Ein weiterer Faktor ist die Limitierung, die man bereits bei der derzeitigen ETH-Version sieht. Damit Dinge wie Decentralized Finance, NFTs und so weiter wirklich effizient in einem globalen Maßstab nutzbar werden können, muss die Skalierung verbessert werden – und das scheint bei Ethereum nur mit einem Wechsel des Konsensmechanismus realisierbar zu sein.
Ethereum Classic als großer Gewinner des Merges oder nur ein kurzes Aufflackern?
Ein weiterer Punkt: Mit Ethereum Classic gibt es bereits eine Ethereum-Variante, die auf Proof of Work läuft und auch bei diesem Konsensmechanismus bleiben wird. Ethereum Classic (ETC) ist im Jahr 2016 durch eine Hardfork entstanden, auf die die Community sich nach dem großen DAO-Hack geeinigt hatte, bei dem ETH im Wert von damals 60 Millionen Dollar entwendet wurden.
Während die derzeitige Variante von Ethereum als neue Chain weitergeführt wurde, auf der der Hack rückgängig gemacht wurde, ist Ethereum Classic die ursprüngliche Variante der Blockchain. Für die ETH-Mining-Industrie könnte daher auch Ethereum Classic als Alternative interessant werden und es könnte zu einer großen Migration hin zu Ethereum Classic kommen.
Allerdings steht auch hier die Frage nach der wirtschaftlichen Rentabilität im Raum. Zwar konnte sich ETC seit 2016 bis heute am Markt halten, jedoch spielt es im Vergleich zu Ethereum nur eine sehr untergeordnete Rolle. Während Ethereum derzeit knapp über eine dreiviertel Millionen aktive Adressen verzeichnet, sind es bei ETC lediglich gut 50.000. Auch die Anzahl an Projekten auf ETC ist sehr überschaubar im Vergleich zu Ethereum, auf dem ein Großteil des derzeitigen Krypto-Sektors aufgebaut ist.
Derzeit spekulieren trotzdem einige Anleger auf eine größer werdende Rolle der ursprünglichen Ethereum-Blockchain, wie man an der Preisentwicklung der letzten Wochen sehen kann. ETC ist allein in der letzten Woche um knapp 40 Prozent gestiegen und damit wieder in die Top 20 des Krypto-Markts nach Marktkapitalisierung aufgestiegen.
Seit dem Tief bei ~ 13,50$ aus Mitte Juni beläuft sich das Plus auf über 160%.
Jedoch sollte man diese Preisbewegungen aus den oben genannten Gründen eher als Marktspekulation einordnen und als „buy the rumour, sell the news“-Event um den Merge herum bewerten.
Lediglich das Szenario eines problematischen Merges, bei dem es zu kritischen Fehlern innerhalb der neuen Version der ETH-Blockchain kommt, könnte ETC als Ausweichstation nachhaltig ins Rampenlicht rücken.
Anleger, die das derzeitige Geschehen rund um den Ethereum-Merge mit kurz- bis mittelfristigen Trades spielen möchten, müssen sich über die Risiken im Klaren sein:
- Der ETH Merge wird (bei einem reibungslosen Ablauf) erst in den nächsten Monaten und mit folgenden Updates seinen positiven Effekt auf das Netzwerk zeigen
- Proof of Stake muss sich noch als sinnvoller Konsensmechanismus beweisen (vor allem bei einem so großen und bereits etablierten Ökosystem wie dem Ethereum-Network mit all seinen darauf beheimateten Projekten)
- Ein ETH-PoW-Fork wäre wirtschaftlich wahrscheinlich unrentabel, die geforkten Coins erhält man als bereits in Ethereum engagierter Investor jedoch so oder so
- ETC derzeit im Fokus spekulativer Trades – eine nachhaltig wichtigere Rolle (bspw. als Alternative, sollte der Merge nicht zum gewünschten Ergebnis führen) bleibt vorerst unwahrscheinlich
- Aus übergeordneter Sicht bleiben wir in einem Makro-Bärenmarkt – selbst ein erfolgreicher Merge kann zunächst ein „buy th rumour, sell the news“ Event sein – fundamentale Wertverbesserungen des Netzwerks werden erst viel später zum Tragen kommen
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