Bitcoin: Die Pre-Halving-Year-Rally ist beendet – der weitere Marktausblick

Mit dem jüngsten, heftigen Selloff könnte Bitcoin eine Trendwende für das weitere Jahr 2023 erlebt haben. Wichtige charttechnische Hürden sind im Zuge der Korrektur verloren gegangen. Im langfristigen Bild passt das jedoch in die übergeordneten Preis-Zyklen, in denen die Kryptowährung sich bewegt.

Blick auf die Charts

Nach einem wochenlangen Seitwärtslauf ist der Bitcoin-Kurs bis zurück an die Ausbruchszone aus Mitte Juni gefallen und hat damit sämtliche Gewinne wieder verloren, die im Zuge der Euphorie um den Bitcoin-Spot-ETF-Antrag von BlackRock gemacht werden konnten. Halt hat der Kurs vorerst in der Zone um die Marke von 26.000$ gefunden.

Durch den Selloff wurden jedoch relevante charttechnische Unterstützungen eingebüßt: Sowohl 200-Wochen-Trend, 200-Tage-Trend, als auch das sich aus dem einfachen 20-Wochen-Trend und dem exponentiellen 21-Wochen-Trend ergebende Bullmarket-Support-Band – für eine bullische Preisphase sehr wichtige Indikatoren – wurden unterschritten. Auch der Aufwärtstrend, der sich seit Anfang des Jahres gebildet hat, ist durchbrochen worden.

Das positive Momentum ist fürs Erste also definitiv vorbei.

Grund zur Sorge, dass der Bullenmarkt gecancelt ist, liefert das jedoch nicht wirklich, denn wenn man auf das langfristige Bild schaut, erkennt man, dass Bitcoin sich weiterhin treu an seine übergeordneten Preis-Zyklen hält. Wir befinden uns in einem Pre-Halving-Jahr. Ungefähr im April 2024 steht das nächste Bitcoin-Halving an, bei dem die Neuerzeugungsrate von Bitcoin ein weiteres Mal halbiert werden wird. Dies gilt als wichtiger Preistreiber für Bitcoin und als der Grund für die zyklische Kursbewegung, denn es hat einen signifikanten Einfluss auf das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage und damit auf den Preis.

Pre-Halving-Jahre haben sich in der Vergangenheit – und auch dieses Jahr wieder – dadurch ausgezeichnet, dass der Ausbruch aus dem Bärenmarkt erreicht und ein neuer langfristiger Aufwärtstrend eingeleitet wurde. Dies ging jeweils mit einer Rally in der ersten Jahreshälfte einher.

Allerdings hat in den bisherigen Pre-Halving-Jahren jedes Mal auch ein weiterer Shake-Out des Marktes stattgefunden – in Form einer weiteren Korrektur unterhalb des Bullmarket-Supportbands, der Bitcoin einen guten Teil der in der Erholungsrally gemachten Gewinne gekostet hat (gerechnet vom local top der Zwischenrally). Somit haben in beiden Pre-Halving-Jahren Zwischenrallies stattgefunden, die jedoch noch nicht den tatsächlichen nächsten Bullrun eröffnet haben. Diese sind immer erst im jeweiligen Halving-Jahr gestartet.

2020 hatten wir zudem mit dem BlackSwan-Event durch die Pandemie einen Sonderfall, der für eine weitere Korrektur unterhalb des Bullmarket-Supportbands gesorgt hat – diese hat jedoch nur kurz angehalten. Nimmt man die früheren Preiszyklen als Referenz, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die diesjährige Bitcoin-Rally mit dem Unterschreiten des Bullmarket-Supportbands ebenfalls ein Ende gefunden hat und das der nächste Bullrun erst im Halving-Jahr 2024 zünden dürfte.

Eine interessante Frage ist, wo der Boden für die derzeitige Korrektur sein könnte. Die vergangenen Korrekturen nach den Pre-Halving-Rallies haben den Kurs nie zurück an die Bärenmarkt-Tiefs geführt, sondern ihr Ende jeweils an der nächsthöheren relevanten charttechnischen Unterstützung gefunden. Das würde für die aktuelle Korrektur Spielraum in der Zone zwischen 25000$ und 18.500$ geben, wie oben im Chart anhand des blauen Bereichs markiert.

Einen weiteren Orientierungspunkt könnte ein langfristiger Aufwärtstrend liefern, der bereits seit Ende 2016 und damit dem richtigen Start des vorletzten Bullruns intakt ist. Dem Zeitpunkt, an dem der weitere Krypto-Sektor jenseits von Bitcoin durch das Aufblühen von Ethereum erwacht ist.

Sollte die Korrektur in den nächsten zwei bis drei Monaten beendet sein und dieser Trend als charttechnischer Support herhalten, dann würde das ein weiteres Korrekturpotenzial bis in den Bereich von etwa 22.000$ liefern.

Eine weitere relevante Frage ist die nach der Dauer der Korrektur. Während wir in 2015 einen eher schnellen Shake-Out über zwei bis drei Monate hinweg und danach die Fortsetzung des Aufwärtstrends gesehen haben, hat sich die Korrektur in 2019 fast über ein halbes Jahr hinweg gezogen, bis das Bullmarket-Supportband erneut zurückerobert werden konnte (das darauffolgende BlackSwan-Event durch den Covid-Crash nicht mit eingerechnet).

Diese Frage dürfte durch die fundamentale Lage an den Finanzmärkten beantwortet werden. Es gibt derzeit wieder mehrere Gefahrenherde, die weiteres Abwärtspotenzial hervorrufen könnten.

Blick auf den Markt

Binance: Das derzeit wohl größte krypto-interne Risiko ist Binance. Bereits Anfang des Jahres haben die beiden US-Aufsichtsbehörden CFTC und SEC gegen die Krypto-Börse geklagt. Seitdem haben sich mehrere Businesspartner – vor allem Dienstleister aus der traditionellen Finanzbranche, die als Fiat-Gateways dienen – von Binance abgewendet.

Zudem kursiert die Befürchtung am Markt, dass der BNB-Token als Collateral für eine Reihe von Investitionen verwendet wurde und daher ein ähnliches Szenario wie mit der gescheiterten US-Börse FTX drohen könnte. Grob zusammengefasst: FTX hatte den hauseigenen Token FTT als Deckung für viele Investitionen und generell für die Substanz der Plattform verwendet. Als im Bärenmarkt der Wert in Mitleidenschaft gezogen wurde und klar war, dass nicht alle Kundengelder gedeckt sind, ist FTX wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen.

Sollte etwas ähnliches mit Binance passieren, wäre das ein Schlag für den Krypto-Sektor, der einen vergleichbaren Effekt hätte. Aufgrund der Größe von Binance könnten die Auswirkungen sogar deutlich schlimmer werden. Also eher Potenzial für einen Crash wie im März 2020. Bisher handelt es sich bei den Vorwürfen lediglich um Gerüchte. Sorgen macht jedoch, dass der Kurs des BNB-Token mittlerweile immer mehr unter Druck gerät. Im schlimmsten Fall könnte Binance versuchen, mit den in den Börsen-Wallets gelagerten Bitcoin-Beständen den Kurs von BNB zu stützen. Ein verzweifeltes Unterfangen, dass sowohl den Bitcoin-Preis enorm unter Druck setzen als auch das Schicksal des BNB-Token im Falle eines FTX-ähnlichen Szenarios nicht abwenden könnte.

China: Auch ein Blick auf das Makro-Bild macht momentan keine Freude. Das derzeit größte Sorgenkind ist China. Die chinesische Wirtschaft zeigt aktuell Anzeichen einer deutlichen Abschwächung, die globale Auswirkungen haben könnte. Einer der markantesten Indikatoren ist der scharfe Rückgang ausländischer Direktinvestitionen in China, die im zweiten Quartal des laufenden Jahres auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren gefallen sind. Diese Investitionen betrugen lediglich 4,9 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang von 87 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dieser Absturz spiegelt wachsende Bedenken hinsichtlich geopolitischer Spannungen und der verlangsamten wirtschaftlichen Erholung Chinas wider.

Quelle: https://news.bloomberglaw.com/banking-law/china-foreign-investment-gauge-at-25-year-low-amid-high-tensions

Ein Hauptgrund für diese wirtschaftliche Abkühlung könnte die Verringerung des Dollaraufkommens aus dem globalen Handel sein. Wenn die globale Wirtschaft leidet, erhält China als „Werkbank der Welt“ weniger Nachfrage, was den Preisdruck erhöht und zu globaler Deflation führen kann. Einige Investoren ziehen ihr Kapital aus China ab, aus Furcht vor einer weiteren wirtschaftlichen Talfahrt. Die Probleme bei großen Immobilienunternehmen, wie beispielsweise Evergrande, verschärfen diese Ängste.

Die chinesische Regierung zeigt bisher Zurückhaltung bei der Stimulation der Wirtschaft. Präsident Xi Jinping zielt darauf ab, China aus der Abhängigkeit von Schulden zur Wachstumsförderung zu befreien, ein Ansatz, der langfristige Nachhaltigkeit verspricht, kurzfristig jedoch schmerzhaft ist.

Es gibt jedoch auch Wachstumstreiber in der chinesischen Wirtschaft. Sektoren wie Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energien und Batterieproduktion erleben zweistellige Wachstumsraten. Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in anderen Bereichen investiert der Staat weiterhin massiv in grüne Projekte, den Chip-Sektor, sowie in den Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien.

Allerdings wird dieses Wachstum durch den massiven Abschwung im Immobiliensektor überschattet. Die Immobilienbranche trägt etwa 20 % zum BIP Chinas bei. Ein Rückgang der Immobilienverkäufe um 50 % seit 2020 und sinkende Hauspreise beeinträchtigen das Verbrauchervertrauen der Haushalte. Dies ist besonders besorgniserregend, da Immobilien schätzungsweise bis zu 70 % des Vermögens der chinesischen Haushalte ausmachen.

Chinas wirtschaftliche Stabilität hat globale Bedeutung. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt spielt China eine zentrale Rolle im Welthandel. Eine wirtschaftliche Krise in China könnte den gesamten globalen Handelskreislauf beeinträchtigen und weitreichende Auswirkungen auf andere Volkswirtschaften haben.

USA: Die US-Wirtschaft hingegen macht zwar anhand der derzeitigen Datenlage weniger Sorgen, denn die Wirtschaft brummt. Doch auch hier schlummern Risiken, da die Zinsen auf einem Hoch seit über 20 Jahren notieren.

Die große Gefahr einer Fehleinschätzung der Märkte ist in den Karten. Bisher rechnet ein großer Teil der Märkte weiterhin damit, dass die US-Notenbank eher früher als später mit der straffen Geldpolitik aufhören wird. Bisher macht die Federal Reserve jedoch diesbezüglich keine Anstalten.

Ein weiterer Faktor: Die hohen Zinsen wirken sich nur sehr verzögert auf die Realwirtschaft aus. Das heißt, der größte Impact der straffen Geldpolitik auf die Wirtschaft könnte erst noch sichtbar werden. Vor allem die invertierte Zinskurve macht einigen Investoren Sorgen, denn sie ist ein bisher zu 100% zuverlässiger Indikator für eine Rezession gewesen, sobald sich die Invertierung wieder aufgehoben hat.

Experten sprechen von einer verzögerten Auswirkung hoher Zinsen auf die Realwirtschaft von 18 bis 24 Monaten. Das heißt, dass sich im Laufe der nächsten Monate zeigen könnte, wie stark die Auswirkungen der straffen Geldpolitik wirklich sind. Die nächsten Quartalsberichtssaisons werden ausschlaggebend sein.

Dollar: Zum Schluss noch ein Blick auf den Dollar, denn dieser kann ebenfalls Aufschluss über die weitere Richtung der Märkte und auch Bitcoin geben. Wenn der Dollar Kurs Index DXY steigt, dann ist das eher bärisch für Risk-On-Werte wie Aktien oder Krypto-Assets. Entsprechend gilt das Gegenteil, wenn der DXY fällt, der Dollar also abwertet.

Der direkte Vergleich zwischen Bitcoin und dem DXY zeigt die inverse Korrelation sehr deutlich:

Der DXY hat seit Juli wieder eine starke Rally hingelegt. Allerdings sieht man auch, dass der Dollar seit seinem Mehrjahreshoch Ende 2022 wieder eine anhaltende Talfahrt hinlegt und niedrigere Hochs auf dem Weg nach unten zeichnet. Derzeit knabbert der DXY am nächsten charttechnischen Widerstand und es scheint sich ein weiteres niedrigeres Hoch abzuzeichnen. Sollte sich das Bewahrheiten und der DXY seine Talfahrt fortsetzen, wäre das aufgrund der inversen Korrelation bullisch für Bitcoin und Aktien.

Fazit

Kurzfristig besteht weiterhin Unsicherheit bzw. Abwärtspotenzial aufgrund der angesprochenen Risiken. Auch ein ausgewachsener Crash wäre nicht unmöglich. Langfristig bleibt das Bild für Bitcoin jedoch äußerst vielversprechend. Selbst der jüngst geschehene herbe Selloff ist kein Grund zur Sorge, sondern im Gegenteil, passt in das langfristige Muster der Preiszyklen.

Denkt immer langfristig!

Weitere Infos:

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Disclaimer auf Deutsch: Der Krypto-Sektor jenseits von Bitcoin ist ein verdammtes Casino. Einzelne Coins können zwar komplett durch die Decke gehen, das Risiko eines Totalverlustes ist jedoch auch an der Tagesordnung. Altcoins haben in den meisten Fällen nichts mit Investments zu tun, sondern sind viel mehr reine Spekulation. Wenn ihr am Casino-Tisch Platz nehmt, dann macht ihr das auf eigene Gefahr. Ich zeige hier, wie ich im Krypto-Sektor unterwegs bin und welche Strategien ich benutze, weil ich das Thema liebe und gerne darüber spreche. Ihr könnt mit den Informationen machen, was ihr wollt, ihr seid erwachsen – eine Empfehlung von meiner Seite ist es definitiv nicht. Ich empfehle gar nichts, jeder Mensch sollte eigene, auf ausführlicher Recherche, gesundem Menschenverstand und individueller Risikoabwägung basierende Entscheidungen darüber treffen, was man mit seinem eigenen Geld machen möchte.